Nur für den Abend hatte ich mir vorgenommen allein zum Taizé Gottesdienst in der Friedenskirche zu gehen, obwohl mein Mann auch nicht zuhause war und ich die Kinder allein lassen musste. Die Stimmung zuhause war nicht die beste, meine drei Mädels stritten sich und ich schnappte mir am frühen Abend doch noch die Jüngste, um mit ihr spontan noch zur Speisung der 4000 zu fahren. Das war ein wunderschönes Erlebnis. Wir machten unterhielten uns sehr nett mit ortsfremden Gästen an unserem Tisch und trafen viele Bekannte als wir die lange Tafel umrundeten. Wir brachen aber bald wieder auf, weil ich ja meine Tochter noch nach Hause bringen und dann noch eine Freundin zum Gottesdienst abholen wollte. Zuhause waren meine zwei größeren Mädels mir gegenüber immer noch in Motzlaune. Sie hatten untereinander inzwischen Frieden geschlossen, wollten bei einander schlafen. Rike stand etwas verloren in der Küche, so konnte ich sie auch nicht zurücklassen. Aber eigentlich wollte ich den Abend allein genießen und niemand neben mir sitzen haben, der alle paar Minuten fragt, wann wir wieder nach Hause gehen. Also fuhren wir zusammen wieder los, luden unterwegs die Freundin ein und freuten uns über freigehaltene Plätze von unserer Freizeit-Omi in einer der vorderen Reihen. Der Gottesdienst ging los und wir sangen mit dem tschechischen Chor die ersten Lieder und Rike fragte: Mama, darf ich einfach einschlafen? Sie machte es sich auf meinem Schoß gemütlich und als am Ende der Segen erteilt wurde, war sie richtig tief eingeschlafen.

Schade, dass es schon zu Ende ist, sagte ich leise eher zu mir selbst und die Dame vor mir meinte, wir haben uns doch gerade erst warm gesungen. Während die Gottesdienstbesucher um uns herum ihre Stühle zurückstapelten, atmete Rike gleichmäßig auf meinem Schoß. So tief weggesackt, wollte ich sie auf keinen Fall aus dem Schlaf holen. Spontan begann ich zu singen: „Bleibet hier und wachet mit mir“. Die Dame vor mir strahlte und fiel in meinen Gesang ein. Die Pfarrerin hat gerade schon die ersten Kerzen ausgeblasen, die auf dem Boden des Altarraums standen, hielt aber inne, sah uns fragend an und ließ die letzten 5 Kerzen brennen. Ein paar Damen trugen ihren Stuhl zu uns rüber und stimmten in unseren Gesang ein. Vielleicht waren wir zu zehnt oder zwölft. Ich weiß nur, dass bald auch ein Mann mitsang und ganz kurz dachte ich, jetzt singt Gott auch mit! Wir mussten uns nicht absprechen, wir wechselten ohne Worte von Lied zu Lied. Nach einer Dreiviertelstunde erwachte Rike langsam aus dem Schlaf. Sie wunderte sich wohl ein wenig darüber, dass vorne nichts mehr los war und wir aber noch singend in der inzwischen fast gänzlich dunklen Kirche saßen. Wir stimmten einen Abendsegen an und dann kam ein Herr und bat darum nun doch die Kirche abschließen zu dürfen. So verließen wir singend und sehr beseelt die Friedenskirche. Wir hatten eine echte Sternstunde erlebt, die wir letztendlich meinen streitenden Töchtern zu verdanken hatten. Den Kindern und Gott sei Dank!